Wege der Radikalisierung bei Muslimen in Europa
Christine Schirrmacher
Islam in Europa – eine Bedrohung?
Nicht erst seit gestern ist das Verhältnis zwischen Muslimen und Nichtmuslimen in Deutschland gespannt. An die Stelle des Wegsehens über die dauerhafte Präsenz von Muslimen und der viel zu lange gehegten Illusion der Rückkehr der in den 60er Jahren angeworbenen Gastarbeiter sind Misstrauen, Ängste und Abwehr getreten. Asylsuchende, politische und Wirtschaftsflüchtlinge sowie eine im Vergleich zu Europa höhere Geburtenrate haben die muslimische Diasporagemeinde auf heute rund 4 Mio. Menschen anwachsen lassen.
Ängste und Abwehr wurden durch mehrere Faktoren hervorgerufen: durch einen immer stärker sichtbar werdenden international vernetzten politischen Islam einschließlich seines extremistischen Arms, verantwortlich für zahlreiche Terrordrohungen und –anschläge einerseits, durch die Opfer –und Forderungssmentalität muslimischer Organisationen und Verbände mit dem häufigen Ruf nach Sonderrechten, durch die in vielen Stadtteilen sichtbaren Sprach- und Integrationsdefizite bis hin zu Rückzug und Abschottung, durch die Praxis tribal-archaischer Bräuche wie Zwangsheiraten und Ehrenmorde, Hand in Hand gehend mit einer traditionell-islamisch definierten Frauenrolle, die auch an einer zunehmenden Zahl an Kopftüchern sichtbar wurde und nicht zuletzt durch eine große Zahl an Bauanträgen für Großmoscheen. Nachdem all dies in der Öffentlichkeit endlich thematisiert, medial jedoch nicht immer hilfreich verarbeitet wurde, nahmen viele Menschen nach fast 50 Jahren die muslimischen Zuwanderer endlich wahr; durch das gesellschaftlich-politische Wirken des Islam allerdings vor allem als Problemszenario. Muslime, die weder einen Schariaislam fordern noch für Zwangsehen und die Pflicht zum Kopftuch eintreten und gebildet, integriert und finanziell unabhängig zum Mittelstand dieser Gesellschaft gehören, die keine politische Agenda im Gepäck haben und nichts anderes wollen als hier in Frieden zu leben, scheinen manchen Menschen heute schlicht nicht mehr vorstellbar. Grund dafür ist auch, dass der politische Islam in den vergangenen 10, 20 Jahren in vielen Bereichen sehr erfolgreich darin war, die Deutungshoheit über die gesamte islamische Gemeinschaft zu übernehmen.
Der Minarettstreit
Gerade die Emotionalität, mit der die jüngste Auseinandersetzung anlässlich der Volksabstimmung über ein staatliches Verbot von Minarettbauten in der Schweiz geführt wurde, machte deutlich, wie dünn das Eis der gegenseitigen Verständigung derzeit ist. Während die einen den Schweizer Bürgern ein fehlendes Demokratieverständnis und mangelnde Religionsfreiheit bescheinigten[1] und die 57,5% Befürworter des Minarettverbots in die Nähe von Rechtspopulisten, Ausländerfeinden und Unterdrückern rückten,[2] zeigten sich andere über das Abstimmungsergebnis offen erfreut und erkannten darin einen überfälligen Schritt auf dem Weg zur Eindämmung des politischen Islam.
Bei genauerer Betrachtung wurde allerdings schnell deutlich, dass hier mehr eine Stellvertreter- als eine Minarettdiskussion geführt wurde. Es ging wohl eher um ein „Votum gegen den politischen Islam und sein mittelalterliches Rechtsverständnis“[3], um den Ausdruck der „weitverbreiteten Angst vor der Islamisierung der Gesellschaft“[4], um ein Zeichen gegen ein schariadominiertes Menschenrechts- und Religionsfreiheitsverständnis, ja, eigentlich um „ein Referendum darüber, wie bedrohlich der Einfluss des Islam in der abendländischen Gesellschaft wahrgenommen wird“[5]. Es wurde offensichtlich, dass viele Menschen in Europa Sorge haben vor dem Vormarsch, dem Einfluss und der Machtausübung des politischen Islam, vor Forderungen nach Schariarecht, religiösen Begründungen für reduzierte Frauenrechte, sowie der Selbstzensur der offenen Gesellschaft in ihrer Ausdrucksvielfalt in Kunst, Kultur und Religionskritik. Statistische Erhebungen spiegeln diese Haltung deutlich wider:
Muslime in Deutschland – Fremde geblieben?
Nach einer Umfrage des „Instituts für Markt- und Politikforschung“ Dimap für das „ARD-Morgenmagazin“ erkennen nur 22% der Bundesbürger „kein Problem mit dem muslimischen Glauben.“ 39% äußern „ein wenig Sorge“, 36% „große Sorgen um eine Expansion des Islam“[6]. Mit anderen Worten: 75% der Bundesbürger sind von Angst und Sorge in Bezug auf den Islam geprägt. Keine guten Voraussetzungen, um Muslimen im eigenen Umfeld vorurteilslos zu begegnen und endlich Brücken zu den Menschen zu bauen, die hier in Deutschland dauerhaft leben werden.
Es ist aber nicht nur die angestammte deutsche Bevölkerung, die so distanziert ist. Auch unter muslimischen Migranten ist der Anteil derjenigen hoch, die Deutschland nicht oder nicht an erster Stelle als ihr Heimatland betrachten. 36% der Muslime in Deutschland fühlten sich an Deutschland stärker gebunden als an ihr Herkunftsland, dem sich 27% stärker verbunden wissen. Noch interessanter die Zahl von Muslimen mit deutschem Pass: Nur 51% sind (gegenüber rund 33% der Ausländer insgesamt) fühlen sich stärker mit Deutschland verbunden als mit ihrem Herkunftsland, in dem sie doch meist nicht mehr aufgewachsen sind.[7] Nur 22% der in Hamburg lebenden Muslime und nur 25% in Berlin betrachten sich als „Deutsche“, aber – was weitaus dramatischer ist – nur 11% gaben in beiden Städten an, von anderen als Deutsche gesehen zu werden![8] Deutschlandweit erfragt, fühlt sich knapp die Hälfte der muslimischen Bevölkerung in Deutschland von Deutschen abgelehnt.[9]
Toleriert Europa Religiöse?
Deutschland und seine Zuwanderer tun sich also miteinander nach wie vor schwer, und das, obwohl die Anwerbung türkischer Gastarbeiter bereits vor rund 50 Jahren – im Jahr 1961 – begann. Freundschaften, Verbundenheit über die kulturellen Grenzen hinweg, Verständnis und ein gemeinsames Miteinander scheinen viel zu wenig vorhanden. Angsteinflössende Aktivitäten extremistischer Gruppen tun das Ihrige dazu. Folge davon ist, dass immer wieder „der Islam“ als Ursache für die zu Teilen mangelhafte Integration und jede Art von gesellschaftlich-politischer Problematik verantwortlich gemacht wird und Menschen pauschal Ablehnung erfahren, weil sie Muslime (= Problemverursacher) sind.
Daran sind nicht nur der politische Islam und die Integrationsdefizite schuld. Auch abseits davon tut sich das weitgehend säkularisierte Europa offensichtlich schwer mit der Akzeptanz der Tatsache, dass der Islam als Religion auch in der dritten Generation ein wesentlicher Faktor der Identität der meisten Migranten geblieben ist, hat man doch – aus dem Blickwinkel der eigenenVerhältnisse – noch bis in die 90er Jahre eine progressive Abschwächung des religiösen Bekenntnisses spätestens bei der dritten Generation der Zuwanderer und eine bloße Rest- und Randexistenz des islamischen Glaubens im Privatbereich erwartet – zu Unrecht, wie heute nur allzu offensichtlich ist.
Westeuropa ist zu recht stolz auf seine völlige Religionsfreiheit. Jeder kann ungehindert seine Religion wechseln oder auch gar keine Religion haben. Geprägt von Humanismus und Aufklärung und der erfolgreich bewältigten Trennung von Kirche und Staat ist der gesellschaftspolitische Anspruch der Religion einerseits weitgehend aufgegeben worden, andererseits die Religion an sich noch vorhanden, auch wenn zu Teilen – so ein US-amerikanischer Beobachter – die „Kirchen meist leer (sind) und Religion … als Kuriosität betrachtet“[10] wird. Teilweise kann der Eindruck entstehen, dass Religion zwar erlaubt ist, aber nur gemessen. In „laizisierten Gesellschaften … stellt die religiöse Tradition nicht mehr den Sinnkodex für alle dar“, so dass „der Anspruch der Religion, die gesamte Gesellschaft zu regieren und das Leben eines jeden Individuums zu bestimmen, sogar in den Augen der überzeugtesten und treusten Gläubigen unrechtmäßig geworden ist“[11]. Rückt sich also in Europa der Religiöse durch ein öffentliches oder zu engagiertes Bekenntnis selbst an den Rand der Gesellschaft? Gilt er nicht leicht, wenn er sich zu offensiv zu seinem Glauben äußert, als etwas vormodern und in seiner Wahrnehmung getrübt, während der bekennend Säkulare sich als wirklich aufgeklärt und objektiv begreift? So wähnen sich gerade bekennende Atheisten nicht selten „im Status des Aufgeklärtseins. Auf das gläubige Bewusstsein blicken manche respektlos herab“ [12]. Scheinen bekennende Atheisten in der öffentlichen Wahrnehmung Wissenschaft, Fortschritt und Objektivität nicht viel eher auf ihrer Seite zu haben als das für bekennende Anhänger einer Religion gilt? Steht nicht der Glaubende häufig in Verdacht, dass er zu objektiven Aussagen kaum in der Lage ist, während im Fall des Atheisten die Beeinflussung seiner Wissenschaft durch seine Weltanschauung kaum je zur Diskussion steht?
Wie klingt es vor diesem Hintergrund, wenn Umfragen ergeben, dass 76% der jungen Muslime in Deutschland zwischen 18 und 29 Jahren an ein Leben nach dem Tod glauben, 78% an ein Paradies, 77% an die Hölle, 64% an die Engel und 60% an den Teufel?[13] Für das weitgehend säkularisierte Europa keine ganz leicht verdauliche Sichtweise, denn: „Ganz grundlegend steht die (gemeint ist: die muslimische, C.S.) Jugendbewegung für etwas, was viele Menschen in Europa für überwunden hielten: Gottergebenheit.“[14]
Ist diese Gottergebenheit, die als eine Art ‚vormoderner’ Glaube begriffen wird, ein Problem? Je gläubiger, je entwicklungsbedürftiger und – vermutlich – auch radikaler? Müssen Muslime ihre religiösen Bindungen reduzieren – oder der Staat der islamischen Religion eine Säkularisierung verordnen – damit seine Anhänger gute Demokraten werden? Ist es letztlich der islamische Glaube, der Muslime an einer erfolgreichen Integration hindert? Können sie erst dann als integriert gelten, wenn sie begeisterte Anhänger des Kölner Karneval, Konsumenten von Bier und Schweinshaxe und Teilnehmer des Christopher Street Day geworden sind?
Selbstverständlich sind nicht alle Muslime – oder besser: Menschen aus islamisch geprägten Gesellschaften – gleichermaßen religiös: schließlich hat sich im Jahr 2007 sogar ein atheistisch ausgerichteter „Zentralrat der Exmuslime und sonstiger nichtreligiöser Menschen e.V“ konstituiert. Parallel zu einer Stärkung mancher islamischen Kräfte in der Türkei hat sich dort in den vergangenen 25 Jahren in Teilen der Bildungsschicht auch eine deutliche Säkularisierung vollzogen. Auch bezeichnen sich z. B. Migranten aus dem Iran zu 55% als „gar nicht oder eher nicht gläubig“, 72% besuchten nie religiöse Veranstaltungen,[15] und gehören damit unter den Menschen aus islamisch geprägten Herkunftsländern zu den seltensten Moscheebesuchern.
Trotz aller notwendigen Differenzierungen zeigen jedoch Umfragen einhellig, dass ein beachtlicher Teil der muslimischen Migrantengemeinschaft ihren islamischen Glauben als integralen Bestandteil ihrer Identität betrachtet: Eine im Jahr 2009 vom „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ herausgegebene Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“ beziffert die Zahl der Muslime in Deutschland, die sich als „eher gläubig“ einschätzen, mit 50% sowie die Zahl derjenigen, die sich als „sehr stark gläubig“ bezeichnen, mit 36%. Diese 86% „gläubigen“ Muslime korrelieren mit der 2007 erhobenen Zahl des Bundesinnenministeriums im Rahmen der Studie „Muslime in Deutschland“, die knapp über 85% „Gläubige“ oder „sehr Gläubige“ ermittelte.[16] Einen noch höheren Anteil von „Religiösen“ (49%) und „Hochreligiösen“ (41%) – also insgesamt 90% Gläubige – ermittelt der von der Bertelsmann Stiftung herausgegebene „Religionsmonitor 2008“.[17] Alle genannten Studien stimmen darin überein, dass die Prozentzahlen für junge Muslime noch etwas höher liegen. Damit ist also für 85%-90% der in Deutschland lebenden Muslime (und in besonderer Weise: der jungen Muslime) der Islam – wenn auch mit Sicherheit nicht in jeder Einzelvorschrift – ein wichtiges Merkmal der eigenen Identität.
Konversionen zum Islam als Bewältigung der Moderne?
Der Islam, eine lebendige Religion bis in die dritte Generation der Zuwanderer hinein, bleibt nicht nur auf den Bereich der Moschee beschränkt: er gewinnt Konvertiten, deren Zahl statistisch allerdings nicht erfasst ist.[18] Konnten noch für die 90er Jahre die Mehrzahl der Übertritte als Heiratskonversionen betrachtet werden,[19] gilt das heute nicht mehr. Auch aus christlichen Familien und Gemeinden[20] werden Menschen Muslime.
Dass es überhaupt Übertritte zum Islam gibt, irritiert nachhaltig, weil eine religiöse Neuorientierung – etwa bei Kirchenwiedereintritten – gesellschaftlich meist weniger spektakulär abläuft als ein per Videokamera dokumentierter und ins Internet eingestellter Übertritt, also eine öffentlichkeitswirksam vollzogene Konversion mit u. U. dramatischer Lebenswende im europäischen Kontext ungewohnt ist. Zudem irritiert offensichtlich die Tatsache, dass in einer freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft aufgewachsene Jugendliche nun gerade den Islam wählen, der mit seinem umfangreichen Regelwerk für den Alltag, seinen eindeutig definierten Geschlechterrollen, seinem Alkoholverbot und seiner strikten Sexualmoral auf den ersten Blick als unattraktiv erscheinen könnte. Häufig hat ein Übertritt außerdem eine negative Reaktion von Eltern und Freunden zur Folge.[21]
Warum ist dann der Islam als Religion eigener Wahl attraktiv? Bisher liegen noch zu wenige Studien vor, um eindeutige Schlussfolgerungen ziehen zu können. Liegt ein Grund in dem Wunsch nach eindeutigen Richtlinien in einer Zeit großer Beliebigkeit, in der sich sogar manche hochrangige Kirchenvertreter hinsichtlich des Wahrheitsanspruchs der biblischen Botschaft nicht immer mehr ganz sicher zu sein scheinen? Die Suche nach Orientierung inmitten eines enormen Pluralismus, in dem alle Lebensformen und Welterklärungsmodelle gleichermaßen richtig zu sein scheinen, so dass es Kategorien wie „wahr“ und „falsch“ oder „gut“ und „böse“ und auch eindeutige Verhaltens- und Rollenmuster kaum noch zu geben scheint? So „entsteht der Wunsch nach der Herstellung einer Ordnung für das persönliche Leben, in der sich oft in mehr oder weniger expliziter Form ein Protest gegen die Unordnung der Welt ausdrückt“[22].
Andere Vermutungen zielen mehr in eine theologische Richtung: die leichtere Akzeptanz eines ‚einfachen’ Monotheismus im Islam anstelle einer schwer eingängigen trinitarischen Gottesvorstellung wird ebenso angeführt wie die eindeutigen Handlungsanweisungen des Erlaubten und Verbotenen in einer Religion, die nicht vorrangig eine intensive Gewissensprüfung und innerliche Übereinstimmung mit den gegebenen Werten erfordert, sondern zunächst vor allem das Befolgen sichtbar vollzogener Riten.
Dass ein Bekenntnis gerade zur besonders strengen salafitischen Ausrichtung des Islam auch Ausdruck von jugendlichem Protest sein kann, ist von Jugendlichen selbst als Erklärungsmodell herangezogen worden. Konversion als ein Moment der Abgrenzung – und das um so mehr, wenn ein neuer Name, neue Speisevorschriften und eine neue Kleiderordnung gewählt werden: „Mit schwarzer Lederjacke und Irokesenschnitt kann man heute keinen Lehrer mehr schocken, wenn man allerdings sagt, man sei radikaler Muslim und wolle gerne eine Frau mit Gesichtsschleier heiraten, kann man sich der Reaktionen sicher sein. So mancher, der vor zwanzig Jahren im schwarzen Block marschiert wäre, betet jetzt in der Islam AG“[23].
Darüber hinaus wurden im Rahmen einer britischen Feldstudie die Suche nach dem Sinn des Daseins, soziale und politische Fragen, Unterschiede wie Gemeinsamkeiten zwischen Islam und Christentum, die Neugier auf andere Religionen, die allumfassende Regelung aller Lebensbereiche durch den Islam sowie die Erfahrung einer engen Gemeinschaft[24] genannt.[25]
Weniger scheint die häufig geäußerte Vermutung einer persönlichen Krise empirischen Studien stand zu halten.[26] Eher scheint sich die Krise als Folge der Konversion und des Unverständnisses der Umwelt zu ergeben als Voraussetzung für die Bekehrung zum Islam zu sein.
Wenden sich formal dem Islam zugehörige Muslime einer intensiveren Praxis oder einem ganz neuen Verständnis des Islam zu, so geschieht dies bei Migranten der zweiten oder dritten Generation meist auf der Suche nach der eigenen Identität, die für viele junge Muslime Europas nicht eindeutig geklärt scheint. Sind sie Deutsche? Türken? Deutsch-Türken? Der Islam als Wurzel, Identifikationsmoment und Standortbestimmung ist aus ihrer Sicht häufigster Grund ihrer Zurückweisung durch die deutsche Gesellschaft und die – in ihren Augen – einseitig negative mediale Berichterstattung über den Islam: „Der Islam ist ihre Lösung. Sie sehen sich als integrationswillig, dennoch haben viele das Gefühl, dass die deutsche Gesellschaft sie nicht haben will.“[27]
Sind religiöse Muslime in Europa also aufgrund ihrer intensiven Glaubensbindung eine Gefahr für Aufklärung und Moderne? Sind sie aufgrund einer meist als vormodern aufgefaßten Religionspraxis anfällig für politische Radikalisierungen? Im Jahr 2007 äußerte der frühere Innenminister Wolfgang Schäuble, er sei „besorgt über die wachsende Zahl von Bürgern, die zum Islam konvertieren. Dies habe ‚durchaus etwas Bedrohliches’ … Gewiss sei nicht jeder Konvertit ein potenzieller Terrorist, so Schäuble. Aber es wachse ‚bei uns das Phänomen des ‚home-grown terrorism.’“[28] Konversion und Terrorismus – zwei nahe beieinander liegende Phänomene also?
Führt Religion zur Radikalität?
Würde der Islam als Ganzes für Politik und Terror stehen, wären Bedenken gegen die Religion des Islam – ja, ihr Verbot – in der Tat gerechtfertigt. Gäbe es keinen anderen Islam als nur seine politische Variante, müssten tatsächlich alle seine Anhänger unter einen Generalverdacht gestellt werden. Wo der Islamismus politische Extremismen mit der Religion begründet, kann dieser Agitation keinerlei Freiraum gewährt werden. Wo allerdings nur Glaube und Ethik gelebt werden, kann die religiöse Bindung allein nicht Anlass für den Verdacht der Nähe zu Radikalismen sein.
Dass dies leider keine theoretische Diskussion ist, machen der weltweit vernetzte Islamismus und Extremismus nur allzu deutlich. Gerade Konvertiten, die sich der politischen Variante des Islam zuwenden, stellen ein sicherheitspolitisches Problem dar. Wie kommt es aber dazu, dass Menschen sich nicht nur dem Islam zuwenden, sondern sich ein radikalisiertes, politisiertes Verständnis des Islam zu eigen machen? Eine spirituelle Suche allein ist als Erklärungsmuster nicht hinreichend, sie könnte auch in einem mystischen Sufi-Zirkel enden. Dabei ist angesichts eines Vergleichs der Biographien bisher bekannter Jihadisten offensichtlich, dass es den einen, in allen Biographien durchgängig erkennbaren Beweggrund für die Radikalisierung von Muslimen nicht gibt. Es sind vielmehr eine Vielzahl von Gründen, die jedoch bei aller Abweichung im Detail durchaus eine gemeinsame Richtung erkennbar werden lassen.
Ursachen des Jihadismus: Ein konservativer Glaube? Moscheen? Gehirnwäsche? Das Internet?
Zunächst scheint die Vermutung nahezuliegen, dass derjenige, der sich einer jihadistischen Gruppierung anschließt, dies tut, weil er den Koran ‚wörtlich’ auslegt oder ein besonders ‚strenggläubig’ ist. Alle für Europa vorliegenden Studien über Radikalisierungsprozesse in muslimischen Milieus widersprechen jedoch dieser Annahme. Der typische Adept einer jihadistischen Gruppierung hat gerade keine besonders religiöse Vergangenheit und kein gesteigertes Interesse an Theologie, ja, im weltweiten Rahmen betrachtet, haben so gut wie alle führenden Jihadisten eine unzureichende oder gar keine theologische Ausbildung genossen:[29] „Weil sie Ingenieure und nicht Islamgelehrte sind, wissen sie über die 1.400 Jahre der Koranauslegung nicht sehr viel“[30]. Gerade das geringe theologische Wissen macht anfällig für Radikalisierungen, nicht eine zu intensive Beschäftigung mit der islamischen Theologie und den verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten des Korans. Ohne eine entsprechende Unterweisung, dass der Jihad Muhammads gegen seine Feinde im 7. Jahrhundert n. Chr. heute im Terrorkampf gegen den Westen umgesetzt werden muss, bleiben auch die ‚Schwertverse’ des Korans zunächst Berichte historischer Vorkommnisse. Nicht umsonst setzen staatliche Umerziehungsprogramme für ehemalige Jihadisten in Saudi-Arabien, Irak oder Jemen auch auf eine gründliche theologische Unterweisung, die die Kämpfer eine unpolitische Deutung der Jihadverse des Korans lehren[31] und nicht auf eine möglichst gründliche Abwendung der ehemaligen Jihadisten von der Religion.
Obwohl der Verdacht auf den ersten Blick naheliegen könnte, sind Jihadisten keine Psychopathen, die eine Gehirnwäsche durchlaufen haben und nun als fremdgesteuerte Roboter willenlos Befehlen gehorchen. Sie leiden in der Regel an keinerlei erkennbaren mentalen Irritationen.[32] Zumindest die Anführer der Bewegungen sind in aller Regel weder verarmt noch ungebildet, sondern entstammen der aufstrebenden Mittelschicht mit guten Aussichten auf dauerhaften beruflichen und gesellschaftlichen Erfolg.[33]
Zwar gibt es durchaus auch Moscheen, die als Brutstätten radikaler Lehren in Deutschland und darüber hinaus bekannt sind. Die bevorzugten und häufigsten Orte der Radikalisierung sind die Moscheen jedoch nicht – erst recht nicht die großen, repräsentativen Moscheebauten der DITIB etwa und auch nicht die Moscheen mit besonders hohen Minaretten – sondern vielmehr informelle Orte der Zusammenkunft abseits der Moscheen wie Buchläden, Telefonshops, Schulen, Universitäten und heute immer stärker auch die Gefängnisse.[34]
Über einen längeren Zeitraum hinweg galt das Internet mit seinen weltweit zugänglichen Aufrufen zur Teilnahme am Jihad, seinen Anleitungen zum Bombenbau und glorifizierenden Märtyrerbekenntnissen als einer der gefährlichsten Auslöser von Radikalisierungen schlechthin. Nicht ganz zurecht: Bisher ist in keiner einzigen jihadistischen Biographie das Internet als eigentlicher Auslöser für eine Radikalisierung nachgewiesen worden. Zwar wirkt das Internet als Beschleuniger des Radikalisierungsprozesses, indem es dem zum Jihad Entschlossenen notwendige Informationen (besonders technischer Art) zugänglich macht, nicht jedoch als auslösendes Moment. Nur weil eine Person allein vor seinem Computer eine Bombenbauanleitung betrachtet, wird sie nicht zum Attentäter. In jedem einzelnen Fall jihadistischer Anschläge sind über die Nutzung des Internets hinaus Kontakte zu einer Gruppe und/oder einer spirituellen Führer- bzw. operativen Leiterfigur nachweisbar.[35] Die Entschlossenheit, letztendlich zur Tat zu schreiten, entsteht durch die notwendige Gruppendynamik in einem Forum und eben nicht unabhängig davon.[36] Das Internet schafft über Chaträume und Diskussionsforen diese notwendige Kommunikationsplattform, die Jihadisten weltweit miteinander verbindet: „Es sind die Foren, nicht die Bilder der passiven Webseiten, die für den Prozess der Radikalisierung von entscheidender Bedeutung sind. Menschen ändern ihre Gesinnung aufgrund von Diskussion mit Freunden und nicht, indem sie einfach nur unpersönliche Geschichten lesen“[37].
Wege in die Radikalität
Zahlreiche Studien, die in Europa sowie auch in Übersee anhand aller verfügbaren Daten über geplante wie zur Durchführung gebrachte jihadistische Anschläge Aufschluss geben, kommen in ihren Analysen zu Radikalisierungsprozessen zu vergleichbaren Ergebnissen. Eine dieser Studien des New York Police Departments mit dem Titel „Radicalization in the West: The Homegrown Threat“[38] fasst, basierend auf Datenmaterial bis zum Jahr 2007, die einzelnen Schritte der Radikalisierung folgendermaßen zusammen:
1. Pre-Radikalisierung
Die erste Stufe der Pre-Radikalisierung erreicht den eher nicht-religiösen, unauffälligen Aspiraten, der offen für Neues ist. Der typische Vertreter hat eher keine intensive kriminelle Karriere hinter sich, ist gebildet, männlich, meist verheiratet und häufig sogar Vater von Kindern. Konvertiten, die sich gesellschaftlich ausgegrenzt fühlen und eine intensive neue Zugehörigkeit suchen, gelten ebenfalls als gefährdet: etwa 25% aller Jihadisten sind Konvertiten.[39] Je isolierter und rigider strukturierter der Aspirant, je gefährdeter ist er für die jihadistische Weltsicht. Er betrachtet sich in einer Gesellschaft, die ihm keinen Platz einräumt, subjektiv als Verachteter und grenzt sich nun seinerseits durch Rückzug und Zugehörigkeit zu einer jihadistischen Gruppe von der Gesellschaft ab. In seiner Autobiographie beschreibt ein Migrant aus dem indisch-pakistanischen Raum in Großbritannien seine prä-radikale Phase typischerweise mit den Worten: „Ich war 16 Jahre alt und hatte keinen einzigen weißen Freund. Meine Welt bestand komplett aus Asiaten, die alle Muslime waren. Das war mein Großbritannien.“[40]
Zwei Personenkreise sind in Europa hinsichtlich einer möglichen Radikalisierung in einer jihadistischen Gruppierung gefährdet:
a) Der Student unter 35 Jahre, der für sein Studium erst im Erwachsenenalter nach Europa zugewandert ist. Er hat nach relativ kurzem Aufenthalt in Europa radikales Gedankengut aufgenommen oder ist bereits damit nach Europa gekommen. Er ist dort seinem gewohnten, auf kollektive Gemeinschaft ausgelegten Umfeld entzogen und häufig stark vereinsamt. Er ist Außenseiter und kommt mit den Freiheiten und Möglichkeiten, aber auch mit der Anonymität und fehlenden Solidarität in seinem neuen Umfeld nicht zurecht. Ein Beispiel dafür ist der ägyptische Kulturwissenschaftler Hamed Abdul-Samad, der die Phase seiner eigenen Orientierungslosigkeit als Student in Deutschland in seiner autobiographischen Erzählung „Mein Abschied vom Himmel“ eindrücklich schildert.[41] Für ihn wäre seine Heimatlosigkeit und sein Empfinden, in der deutschen Gesellschaft ein unerwünschter Fremdkörper zu sein, beinahe Baustein seiner eigenen Radikalisierung geworden: „Junge Muslime fühlen sich zu militanten Gruppen hingezogen, weil sie ihnen Anerkennung und Nestwärme bieten und das Gefühl geben, Teils eines Projektes zu sein. Dagegen wird ihnen sowohl von der deutschen Gesellschaft als auch von den traditionellen islamischen Organisationen das Gefühl vermittelt, ein Problem zu sein.“[42] Abdul-Samad plädiert daher für eine Kultur des Vertrauens und des Brückenbauens zu den Menschen, denn: „Es reicht nicht, Extremisten zu verstoßen, denn dann würden sie untertauchen und sich erst recht radikalisieren.“[43]
b) Die zweite gefährdete Gruppe für den Schritt in die Radikalität sind Söhne – heute auch bereits häufiger Töchter – aus einer Mittelklassefamilie der zweiten oder dritten Migrantengeneration, die in Europa aufgewachsen sind,[44] aber doch das deutliche Empfinden haben, dass sie niemals als Einheimische akzeptiert werden. Sie genießen oft wenig Teilhabe an gesellschaftlichem Fortkommen und sehen sich als Verlierer der Moderne.
Mehrere Studien aus den USA weisen darauf hin, dass die tiefe kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Kluft zwischen Migranten der zweiten und dritten Generation und der Mehrheitsbevölkerung zu einer intensiven Frustration und dem Gefühl von Ausgegrenztsein führt. Ein starkes Gefühl von Isolation und verweigerter Akzeptanz und das Empfinden, niemals dazu zu gehören, scheint für dieses Klientel ein wesentlicher Faktor auf dem Weg in die Radikalität zu sein, so wie ein Jugendlicher aus Hamburg es ausdrückte: „Ich bin hier geboren, habe die deutsche Staatsbürgerschaft, habe hier Abitur gemacht und studiere jetzt. Ich bin Mitglied einer Partei und spende regelmäßig Blut – was soll ich denn noch tun, damit ich als Deutscher akzeptiert werde?“[45] Oder ein anderer:
„Ich bin hier nach Deutschland, und hab deutsche Sprache gelernt (sic), sprech sie auch besser als meine eigene … und fühl mich eigentlich als Deutscher. Nur, wie gesagt, man gibt den andern das Gefühl, dass du keiner bist. Also ich dachte immer ich wär Deutscher, aber man hat mir… klargemacht, du bist kein Deutscher, du bist ein Ausländer. Ob das bei Behörden oder Schulen oder wie auch immer. Und da wirklich merkt man dann, ich gehör nicht dazu. Oder ich soll nicht dazugehören.“[46]
Auf der Suche nach dieser verweigerten Zugehörigkeit ist der ‚inländische Außenseiter’ ganz besonders offen für Angebote der Freundschaft und der Akzeptanz. Diese Freundschaft und Akzeptanz in einer jihadistischen Gruppierung sind um so intensiver, als sich die übrigen Mitglieder in einer ähnlichen Lage befinden. Anzukommen, angenommen zu werden, Gleichgesinnte zu finden und damit ein Stück der gewohnten engen muslimischen Familienkultur wieder herzustellen, macht den Aspiranten offen dafür, auch die Weltsicht dieser Gruppe zu übernehmen.
Durchlaufen diese jungen Leute einen Prozess der Radikalisierung, werden sie als ‚home-grown terrorists’ bezeichnet. Sie werden nicht von der Religion an sich oder von dem Leiden ihrer Brüder in Palästina angetrieben, nicht von Rache oder Verzweiflung. Sie sind auf der Suche nach einer Identität, nach einem Platz in der Gesellschaft und einem Sinn in ihrem Leben, und das um so mehr, als dass auch ihre traditionelle muslimische Gemeinschaft durch die häufige Verteilung der Familie über mehrere Kontinente durch die Migration zerrissen ist.[47] Migration an sich scheint für manche junge Muslime ein wesentliches Moment für die Anfälligkeit für jihadistische Bewegungen zu sein. In manchen jihadistischen Gruppierungen sind 80 bis 85% der Mitglieder entweder selbst Migranten oder aber Nachkommen von Migranten bzw. leben in der Diaspora, jedenfalls nicht in ihrem Herkunftsland – eine erschreckend hohe Zahl.[48]
Wer das Leben in der Diaspora so stark als Niederlage interpretiert, als Demütigung, Diskriminierung und fortwährende Frustration, mag seinen Sinn schließlich darin finden, gegen diese Gesellschaft zu kämpfen. Chancenlosigkeit produziert weiteren Rückzug und Rückzug weitere Chancenlosigkeit – ein Teufelskreis. Wenn ein persönliches Vorbild oder Freunde den einsamen Entwurzelten davon überzeugen, dass es in dieser ungerechten, gottlosen Gesellschaft jedermanns persönliche Pflicht sei, den Jihad für die Umformung in eine gerechte Gesellschaft zu kämpfen, dann wird die erlebte Diskriminierung einerseits wie im Brennglas zusätzlich vergrößert, aber gleichzeitig auch eine Möglichkeit zur Veränderung der deprimierenden Umstände in Aussicht gestellt. Ein übriges bewirken Medienberichte mit als einseitig empfundenen Darstellungen des Islam als Motor des Terrorismus, womit der Kampf als gerechtfertigte Verteidigung erscheint.[49]
2. Identifikation mit der radikalen Orientierung
Beim Eintritt in die „gegen-kulturelle Gruppierung“ liegt „die Betonung … auf der emotionalen Partizipation“[50], auf der Zuweisung einer Aufgabe unter Brüdern und Schwestern, einer neuen Zugehörigkeit, einer Wiedererlangung von Respekt und Würde, nicht auf der akademischen oder theologischen Diskussion eines Lehrgebäudes oder dem abgewogenen Vergleich unterschiedlicher Auslegungen des Islam.
Sehr häufig gerät der Aspirant in eine Gruppe, zu dessen Mitgliedern er schon zuvor verwandtschaftliche oder freundschaftliche Beziehungen besaß. Zum Teil sind es langjährige Verbindungen, die sich als so stark erweisen, dass sie in der Umwelt von Ablehnung und Unsicherheit festen Halt bieten. Dies gilt insbesondere in Zeiten der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen oder persönlichen Krise, die sich durch einen Arbeitsplatzverlust, den Tod eines Angehörigen oder eine Diskriminierungserfahrung ergeben kann. In manchen Fällen eröffnet sich dem Kandidaten in diesem Kreis sogar die Möglichkeit einer Eheschließung.
Hat sich der Aspirant der Gruppe angeschlossen und dort verlässliche und feste Freundschaften aufgebaut, identifiziert er sich mehr und mehr mit der radikalen Ideologie, die in dieser Gruppe von ihrem charismatischen Leiter gelehrt wird. Alte Lebensgewohnheiten, Kontakte oder sogar die Verbindung zur eigenen Familie werden nun möglicherweise aufgegeben, der Kleidungsstil islamisiert und das ganze Leben auf Kompatibilität mit dem Leben in der frühislamischen Gesellschaft überprüft werden.
3. Die Phase der Indoktrination: Akzeptanz radikaler Antworten
In der Phase der Indoktrination werden die radikalen Auffassungen der jihadistischen Gruppe vollständig akzeptiert. Auch die Anwendung von Gewalt gegen den Westen oder ‚die Ungläubigen’ werden jetzt offen diskutiert und von allen Mitgliedern als zur Verteidigung notwendig akzeptiert. Der Jihad wird zur individuellen Pflicht erklärt, den alle Muslime kämpfen müssen, um den wahren Glauben und ein Leben nach den Geboten der Scharia aufzurichten. Die Veränderung der konkreten Lebensumstände der Mitglieder werden in Aussicht gestellt, das baldige Anbrechen einer Heilszeit durch eine notwendige Tat beschworen.
In dieser Phase treffen sich die Mitglieder der Gruppe meist nicht mehr in der Moschee, sondern außerhalb, z. B. in einer Privatwohnung, da andere Muslime im Licht der eigenen radikalen Beurteilung letztlich in die Nähe von Ungläubigen rücken. Das Internet vermittelt zusätzliche Informationen über die Möglichkeiten, selbst einen Anschlag durchzuführen, ebenso Märtyrervideos derjenigen, die ihr Attentat bereits erfolgreich ausgeführt haben. Das Internet dient nun als Beschleuniger der Radikalisierung; seine Botschaften treffen jedoch auf bereits radikalisierte Mitglieder einer konspirativen Gruppe.
4. Die Ausführung des Anschlags
Wenn die vierte Phase anbricht, haben die einzelnen Mitglieder ihre Beteiligung am Jihad akzeptiert. Er gilt ihnen nicht mehr als Angriffskrieg, sondern nur noch als Verteidigung, auch wenn dabei Unbeteiligte umkommen. Das Ziel ist die Aufrichtung der ‚gerechten’ Gesellschaft, die in direktem Gegensatz zur gegenwärtig erlebten Gesellschaft steht. Die Welt ‚dort draußen’ mit ihren teuflischen Kräften wird abgelehnt, es entsteht das Gefühl, dass die eigene Gruppe unter akuter Bedrohung lebt. Die utopische Weltordnung von morgen scheint in greifbarer Nähe gerückt, die kleine Avantgarde in der Lage, durch einen Kampf gegen die Mächte des Bösen die bessere Zukunft herbeizuführen.[51]
Die letzte Phase bis zur konkreten Planung und Ausführung eines Attentats kann sehr kurz sein. Auch in dieser Phase spielen Videos über den Jihad, Blogs und Foren noch eine wichtige Rolle. Der Anschlag wird konkret geplant, die Rollen unter den Mitgliedern der Gruppe verteilt. Häufig wird ein Testament verfasst oder ein Abschiedsvideo gedreht. Ist das einmal geschehen, ist der „point of no return“ erreicht. Die Gruppendynamik spielt eine wichtige Rolle, so dass zu diesem Zeitpunkt keine Person mehr die Gruppe verlässt. Ob ein Anschlag zur Ausführung kommt, scheint ganz wesentlich an der Entschlossenheit ihres geistigen Mentors zu liegen.
Der Prozess der Radikalisierung kann unbemerkt und leise vor sich gehen. Eindeutige Anzeichen gibt es nicht. Rückzug von der Gesellschaft, ein islamischer Kleidungsstil, eine intensive Nachahmung des Lebens Muhammad oder ein Abbrechen des Kontaktes zur Familie können ernsthafte Warnzeichen sein, sind aber einzeln keine eindeutigen Indikatoren für einen Eintritt in eine jihadistische Gruppierung.
Radikale Gruppen bieten klare Regeln und einfache Feindbilder, eine Elite-Identität, den Einsatz für eine vermeintlich gerechte Sache, einen Platz innerhalb der Gesellschaft im Diesseits, Bewunderung durch die muslimische Gemeinschaft, die Wiederherstellung der verloren geglaubten Ehre, die Gemeinschaft Gleichgesinnter und die Wiederherstellung der ‚natürlichen’ Ordnung, in der der ‚wahre’ Islam und die Ordnung der Scharia siegen werden. Die radikalisierte Gruppierung wird zum ‚sichtbaren Jenseits’, zur besseren Welt der Gläubigen mit dem Ziel, die ‚reine’ islamische Gesellschaft nach dem Vorbild Muhammads zu erschaffen. Sie bietet dem Entwurzelten ein Zuhause, wahre Freundschaften und eine neue Familie. Das ist ihre Hauptattraktivität.
Fazit
Der Jihadismus – eine echte Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit Europas. Der Kampf gegen diese Bedrohung wird nicht allein zu gewinnen sein durch die Verfolgung von Terroristen, bessere Sicherheitssysteme und eine stärkere Überwachung von Verdächtigen, obwohl dies selbstverständlich wichtige Maßnahmen zum Schutz der Allgemeinheit sind. Der Kampf gegen den Terror wird wohl nur durch eine Austrocknung des fruchtbaren Humusbodens zu gewinnen sein, auf den derzeit die jihadistische Lehre bei einem Teil der Migrantengemeinschaft fällt.
Gegenüber der westlichen Welt hat sich unter Migranten das Gefühl einer dauerhaften Fremdheit, in islamisch geprägten Kulturen große Wut angestaut. Der „Kreuzzug“ gegen die „Achse des Bösen“ bei gleichzeitig öffentlich aufgedeckten doppelmoralischen Standards für die Supermacht der Besatzer des Irak (Stichwort: Guantananmo Bay, Abu Ghraib, Entziehung vor Schiedssprüchen durch den Internationalen Gerichtshof) wird als Feldzug zur Vernichtung des Islam gedeutet. Die Folge ist nicht nur ein Gefühl der Demütigung, sondern daraus resultierende Feindseligkeit sowie innere Emigration in den europäischen Aufnahmegesellschaften.
Deutschland leidet noch immer an den Spätfolgen der jahrzehntelang politisch gehegten und in der Bevölkerung bereitwillig geglaubten Illusion vom vorübergehenden Aufenthalt der Gastarbeiter sowie daran, Integration und Sprachförderung nicht früh und entschlossen genug betrieben zu haben, um den Entwurzelten dauerhaft Heimat bieten zu können. Eine Konsequenz aus der Erkenntnisverweigerung des dauerhaften Zusammenlebens war die Gleichgültigkeit gegenüber politischen Netzwerken, die sich dieses Vakuum zu nutze machten, um die Zugewanderten auf ihre politisch-islamistische Agenda einzuschwören, die u. a. Seklusion von der westlichen Gesellschaft hieß. Diese Agenda trifft deshalb auf soviel Sympathie bei den Zugewanderten, weil deren Abschottungs- und Rückzugsparolen sowie Verurteilung der westlichen Gesellschaft mit den alltäglichen Erfahrungen vieler Migranten nur allzu leicht in Deckung zu bringen sind,[52] wie Ed Husain für Großbritannien der 80er Jahre konstatiert:
„Abgesondert von Großbritannien, isoliert von der östlichen Kultur unserer Eltern, gab uns der Islamismus einen Sinn und einen Platz im Leben.“[53] Diesen Sinn und Platz im Leben finden derzeit zu wenige Migranten in den westlichen Gesellschaften. Die jihadistische Gruppierung schafft dazu ein Gegengewicht, denn: „Anstelle eines ziellosen Treibenlassens und der Suche nach egozentrischen Vergnügungen, werden ihre Mitglieder Teil eines kollektiven, herausfordernden Projekts, das alle ihren Enthusiasmus, ihre Hingabe und ihre Bereitschaft, Opfer zu bringen, mobilisiert. Das ist es, was die Zivilgesellschaft ihnen nicht so leicht bieten kann: ihnen wird ein Platz innerhalb einer Gemeinschaft angeboten, der ihnen Akzeptanz und Zugehörigkeit bietet, dazu ihrem Leben Zielsetzung und Bedeutung verleiht.“[54]
Gibt die radikale Gruppe dem Adepten das Gefühl von Gemeinschaft und wirkt sinnstiftend in einem Umfeld, das aufgrund persönlicher wie wirtschaftlicher Krisen als sinnlos und leer erlebt wird, kann der Schritt zur Radikalisierung in einer Gruppe von Gleichgesinnten u. U. sehr kurz sein: „Junge Leute mit einem großen Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Akzeptanz werden der ‚Bombardierung mit Liebe’ ausgesetzt …, Liebe, Akzeptanz und persönliche Bestätigung und Einbeziehung in eine Bruder-/Schwesternschaft von Freunden“[55]. Aufgrund dieses Nährbodens ist das Radikalisierungspotential auch unter Muslimen in Deutschland nicht unerheblich, auch wenn derzeit nur ca. 1% der Muslime Mitglied in einer extremistischen Gruppierung sind. Aufgrund der vielfältigen Faktoren jedoch, die eine Radikalisierung herbeiführen können, kann dieses latente Potential für eine politisch-religiös motivierte Radikalisierung in Deutschland, so betont die Studie „Muslime in Deutschland“, nicht klar beziffert werden. Die Autoren gehen jedoch aufgrund ihrer umfangreichen Datenerhebung aus den Jahren 2004 bis 2007 von ungefähr 10-12% der Muslime in Deutschland aus, was eine Größenordnung zwischen 350.000 und 500.000 Menschen bedeuten würde.[56]
Im politischen Bereich müssen einerseits sinnvolle Grenzen für überdimensionierte Moscheebauten ausgehandelt, überzogene Forderungen an den Staat nach vermehrten Minderheitenrechten abgewehrt und der Opfermentalität mancher muslimischer Gruppierungen deutliche Integrationserwartungen entgegengehalten werden. Gesetze und ihre konsequente Anwendung, Überwachung und Verbote radikaler Gruppen sind unverzichtbarer Bestandteil für die Sicherheit Europas. Sie alleine reichen aber nicht aus, um den „Kampf um die Köpfe und Herzen der muslimischen Gemeinschaft“[57] zu gewinnen und das nicht unerhebliche Radikalisierungspotential auszutrocken, so dass sich in Zukunft weniger Menschen von der Gesellschaft abwenden, in der sie sich als diskriminierte Randfiguren empfinden.
Die vor uns liegende Aufgabe liegt darin, diese Menschen in der Mitte – nicht am Rand – unserer Gesellschaft ankommen zu lassen. Dazu müssen ihrerseits Voraussetzungen erfüllt werden wie der vermehrte Erwerb von Bildung und die Bereitschaft, sich dauerhaft und überzeugt in dieser Gesellschaft zu engagieren. Je mehr Vorbilder jedoch geschaffen werden, je durchlässiger die Schranken und je attraktiver die Gesellschaft, je mehr wird radikalen Gruppen das Wasser abgegraben, und mehr Menschen werden widerstandsfähig gegen die todbringende Botschaft von Jihad und Vernichtung.[58]
Die Frage, ob wir die Entwurzelten in unseren Gesellschaften ihrer Isolierung, ihrer Wut und Verlorenheit entziehen können, wird nach Meinung aller führenden Experten mit darüber entscheiden, wie viele Anschläge Europa noch erleben wird.[59] Wenn mehr Muslime sich mit ihrer Religion akzeptiert sehen und begreifen, dass sie Europäer und gleichzeitig Muslime sein können und damit alle Chancen in dieser Gesellschaft besitzen, werden weniger Radikale mit ihrer Botschaft auf offene Ohren stoßen, dass der Westen sie ablehnt, weil sie Muslime und als Religiöse ‚verdächtig’ sind. Doch dazu wären zunächst ein Mentalitätswandel und eine neue Sichtweise auf die bekannte Problematik erforderlich.
[1] Das Ergebnis der demokratischen Volksabstimmung sei geradezu „eine Gefahr für die Demokratie“ (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/eine-gefahr-fuer-die-demokratie/) (19.12.2009)
[2] So z. B. eine erste Stellungnahme der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay: UNO: Minarett-Verbot ist klar diskriminierend. in: Die Presse, 1.12.2009 (http://diepresse.com/home/politik/525460/index.do) (19.12.2009) Ähnlich hatte sich der Verantwortliche für den Interreligiösen Dialog des Vatikan am 4.12.2009 geäußert: Schweiz/Vatikan: Minarett-Debatte stellt vor neue Fragen. (http://www.radiovaticana.org/TED/Articolo.asp?c=339632) (19.12.2009)
[3] So Philipp Gut. Ein Ja zur Demokratie (http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2009-48/artikel-2009-11-29-kommentar-zur-minarett-abstimmung-ein-ja-zur-demokratie.html) (19.12.2009)
[4] So der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach: Schweizer Minarett Verbot. Bosbach attestiert Deutschen Angst vor Islamisierung. Spiegel-Online, 30.11.2009 (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,664161,00.html) (19.12.2009)
[5] Angst vor Eurabien, in: Der Spiegel, 7.12.2009, S. 112
[6] Große Mehrheit der Deutschen besorgt über den Islam. Die Welt, 12.12.2009, S. 4
[7] Muslimisches Leben in Deutschland, hg. vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Nürnberg: 2009, S. 338
[8] So die Ergebnisse der Befragung Muslims in Europe: A Report on 11 EU cities des Londoner Open Society Institute (OSI) (http://www.ufuq.de/newsblog/605-studie-qmuslims-in-europe-a-report-on-11-eu-citiesq) (19.12.2009)
[9] Katrin Brettfeld; Peter Wetzels. Muslime in Deutschland. Eine Studie des Bundesinnenministeriums zu Integration, Integrationsbarrieren, Religion und Einstellungen zu Demokratie, Rechtsstaat und politisch-religiös motivierter Gewalt. Hamburg: 2007, S. 109
[10] „Churches are for he most part empty and religion is regarded as a curiosity.“ Marc Sageman. Leaderless Jihad. Terror Networks in the twenty-first Century. University of Pennsylvania Press: Philadelphia, 2008, s. 105
[11] Danièle Hervieu-Léger. Pilger und Konvertiten. Religion in Bewegung. Würzburg: Ergon, 2004, S. 17
[12] Reinhard Hempelmann. Intoleranter Atheismus. In: EZW Materialdienst 1/2008, S. 3
[13] So die Erhebung des Religionsmonitors 2008: Muslimische Religiosität in Deutschland. Überblick zu religiösen Einstellungen und Praktiken. Bertelsmann Stiftung: Gütersloh 2008, S. 54
[14] Julia Gerlach. Zwischen Pop und Dschihad. Muslimische Jugendliche in Deutschland. Lizenzausgabe Bundeszentrale für politische Bildung: Bonn, 2006, S. 210
[15] Muslimisches Leben in Deutschland a. a. O., S. 139+307
[16] Brettfeld; Wetzels. a. a. O., S. 138
[17] Religionsmonitor 2008, a. a. O
[18] Die Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“, a. a. O., S. 58, nennt eine – allerdings sehr vage – Gesamtzahl von 13.000 bis 100.000 Konvertiten für Deutschland.
[19] So schätzt Monika Wohlrab-Sahr 1996 aufgrund von Feldstudien in Deutschland und den USA die Zahl der Konvertiten bis 1996 aufgrund von Eheschließung bei Frauen auf 2/3 der Gesamtzahl: Konversion zum Islam in Deutschland und den USA – eine funktionale Perspektive. In: Hubert Knoblauch; Volkhard Krech; Monika Wohlrab-Sahr (Hg.) Religiöse Konversion. Systematische und fallorientierte Studien in soziologischer Perspektive. Universitätsverlag Konstanz: Konstanz, 1998, S. 125-146, hier S. 129
[20] Vgl. die biographische Erzählung einer Konvertitin aus evangelischem Elternhaus: Johanna al-Sain; Ernst Schrupp. Ich kämpfte für Allah. Eine Frau auf der Suche nach Wahrheit. R. Brockhaus: Wuppertal, 2000
[21] In einer britischen Feldstudie wurde lediglich eine Zahl von 10% Konvertiten erhoben, die eine positive bzw. unterstützende Reaktion ihrer Umwelt erlebt hatten. Die ablehnenden Reaktionen gliederten sich auf in dauerhaft und vorübergehend ablehnende Reaktionen: Kate Zebiri. British Muslim Converts. Choosing Alternative Lives. One World: Oxford, 2008, S. 71ff.
[22] Hervieu-Léger. Pilger. a. a. O., S. 96
[23] Islamische Jugendtrends in Deutschland: Zwischen Integration und Provokation. In: Themenheft: Jugendkulturen zwischen Islam und Islamismus, hg. von der Bundeskoordination Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage, Berlin 2008, S. 8
[24] Manche Konvertiten berichteten allerdings, dass sie in der neuen muslimischen Gemeinschaft immer am Rand gestanden hätten, nie jedoch Verantwortung übernehmen und Einfluss ausüben konnten. Einigen Konvertiten begegneten weniger praktizierende Muslime mit Ablehnung. Zebiri. Converts. a. a. O., S. 62-67
[25] So Zebiri. Ebd., S. 55+57
[26] Ablehnend etwa die Stellungnahme der – selbst zum Islam konvertierten – Religionswissenschaftlerin Anne Sofie Roald. New Muslims in the European Context. The Experience of Scandinavian Converts. E. J. Brill: Leiden, 2004, S. 94; von Krisenerfahrungen als möglichem Beweggrund für eine Konversion geht dagegen Monika Wohlrab-Sahr aus: Konversion zum Islam in Deutschland und den USA. Frankfurt: Campus, 1999, S. 357+360
[27] Gerlach. Pop. a. a. O., S. 96
[28] Deutsche Islam-Konvertiten. Islam als Alternative? (http://de.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-469/_nr-640/i.html) (19.12.2009)
[29] So u.a. eine Studie der britischen Regierung: Pursue, Prevent, Protect, Prepare. Countering the terrorist threat: The UK Government’s strategy, S. 42 (http://www.fco.gov.uk/resources/en/pdf/3849543/pppp-strategy.pdf) (21.12.2009)
[30] „Since they are engineers and not Islamic scholars, they do not know much about 1,400 years of Quranic commentaries.“ Marc Sageman. Leaderless Jihad. Terror Networks in the twenty-first Century. University of Pennsylvania Press: Philadelphia, 2008, S. 59
[31] S. z. B. den Bericht von Alexander Ritzmann. Wie man Terroristen mit Terroristen bekämpft. Die Welt, 23.4.2008 (http://www.welt.de/politik/article1929216/Wie_man_Terrorismus_mit_Terroristen_bekaempft.html) (22.12.2009)
[32] So übereinstimmend alle verfügbaren Studien zur Radikalisierung von Jihadisten. Eine ausführlichere Begründung s. z. B. bei: Profiling Islamic Suicide Terrorists. A Research fort he Danish Ministry of Justice, submitted 27 November 2003, S. 18-19 (http://www.cpt-mi.org/pdf/profiling_arab_terr.pdf) (21.12.2009)
[33] So auch Sageman. Jihad. a. a. O., S. 48
[34] Frankreichs Innenministerium beschäftigte sich bereits 2008 auf einer europäischen Expertenkonferenz mit der Problematik, dass Gefängnisse – und das gilt nicht nur für Frankreich – heute bevorzugte Orte der Radikalisierung von Muslimen geworden sind. Zu diesem Ergebnis kam auch eine Studie der Quilliam-Foundation für britische Gefängnisse: „Universitäten des Terrors“: Studie über Muslime in britischen Gefängnissen, FAZ, 17.11.2009, S. 6
[35] Zu diesem Ergebnis kommt auch die europaweit angelegte Studie des in London ansässigen „Change Institute“ der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2008: „Studies into violent radicalisation; Lot 2. The beliefs, ideologies and narratives“, S. 4 (http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/terrorism/prevention/docs/ec_radicalisation_study_on_ideology_and_narrative_en.pdf) (21.12.2009)
[36] So auch Oliver Roy. Al-Qaeda: A True Global Movement. in: Rik Coolsaet. Jihadi Terrorism and the Radicalisation Challenge in Europe. Ashgate: Aldershot, 2008, S. 109-114, hier S. 112
[37] „It is the forums not the images of the passive websites, which are crucial in the process of radicalization. People change their minds through discussions with friends, not by simply reading impersonal stories.“ Sageman. Jihad. a. a. O., S. 116
[38] http://www.nypdshield.org/public/SiteFiles/documents/NYPD_Report-Radicalization_in_the_West.pdf (22.12.2009)
[39] Diese Zahl nennt Roy. Al-Qaeda. a. a. O., S. 111
[40] „I was sixteen years old and I had no white friends. My world was entirely Asian, fully Muslim. This was my Britain.“ Ed Husain. The Islamist. Why I joined radical Islam in Britain, what I saw inside and why I left. Penguin Books: London, 2007, S. 35
[41] Hamed Abdel-Samad. Mein Abschied vom Himmel. Aus dem Leben eines Muslims in Deutschland. Köln: Fackelträger, 2009
[42] „Verfluchte Freiheit“. Ein Gespräch mit dem Kulturwissenschaftler Hamed Abdel-Samad. In: ufuq Nr. 15/Dezember 2009, S. 7 (http://ufuq.de/newsblog/607-verfluchte-freiheit-ein-gespraech-mit-hamed-abdel-samad) (21.12.2009)
[43] Ebd.
[44] Die Einteilung in diese beiden Gruppierungen belegt ausführlich der Direktor des Immigration and National Security Prgramms am Nixon Center, Robert S. Leiken. Europe’s Angry Muslims. In: Foreign Affairs. 84/2005, S. 120-135, hier S. 126/127
[45] Gerlach. Pop. a. a. O., S. 218
[46] So ein Interviewpartner der Studie von Brettfeld; Wetzels. Muslime. a. a. O., S. 450
[47] Auf diesen Aspekt der familiären Entwurzelung weist besonders die Studie des dänischen Justizministeriums hin, die die Profile von 247 an 193 Angriffen (1982-2003) beteiligten Tätern, allerdings nicht ausschließlich für Europa, erstellte: Suicide Terrorists. a. a. O., S. 15
[48] Sageman. Jihad. a. a. O., S. 65
[49] So ein Ergebnis der Studie des MI 5: Behavioural Science Unit Operational Briefing Note: Understanding radicalisation and violent extremism in the UK gemäß der Zusammenfassung unter http://www.guardian.co.uk/uk/2008/aug/20/uksecurity.terrorism (22.12.2009)
[50] „counter-cultural groups … The emphasis is on emotional participation.“ Karsten Hundeide. Becoming a committed Insider. In: Culture & Psychology 9/2003, S. 107-129, hier S. 122
[51] So für die Niederlande zusammenfassend Rudolph Peters. Dutch Extremist Islamism: Van Gogh’s Murderer and His ideas. In: Coolsaet. Terrorism. a. a. O., S. 126
[52] So auch Quintan Wiktorowicz: Al-Muhajiroun and Radical Islam, S. 5 (http://insct.syr.edu/Projects/islam-ihl/research/Wiktorowicz.Joining%20the%20Cause.pdf) (21.12.2009)
[53] „Cut off from Britain, isolated from the Eastern culture of our parents, Islamism provided us with a purpose and a place in life.“ Husain. Islamist. a. a. O., S. 73
[54] „Instead of goal-less drifting and seeking of egocentric pleasures, members become part of a collective and challenging project that mobilizes all their enthusiasm, commitment and willingness to sacrifice. This is what civic society cannot so easily offer them: they are offered a place inside a community that gives them acceptance and belonging plus direction and meaning to their life.“ Hundeide. Insider. a. a. O., S. 123
[55] „Youngsters with a strong need for belonging and acceptance are exposed to ‚love bombing’ … love, acceptance and personal confirmation and inclusion into a brother/sisterhood of friends.“ Ebd., S. 113
[56] Brettfeld; Wetzels. Muslime. a. a. O., S. 494
[57] Sageman. Jihad. a. a. O., S. 94
[58] So auch der Lösungsansatz von Collin Mellis, Policy Advisor on Radicalisation, City of Amsterdam in seinem 2006 veröffentlichten Papier: Amsterdam and Radicalization. The Municipal Approach, S. 4 (http://www.docstoc.com/docs/17285589/Amsterdam-and-Radicalization), vgl. auch die ausführlichere niederländische Fassung: Ders.: Amsterdam tegen Radicalisering (http://www.vng.nl/Praktijkvoorbeelden/VEIL/2007/amsterdam_tegen_radicalisering_2007.pdf) (21.12.2009)
[59] Zu diesem Ergebnis kommt auch die Studie der britischen Regierung: Pursue. a. a. O., S. 10
Quelle: R. Hempelmann (Hg.), Religionsdifferenzen und Religionsdialoge. 50 Jahre EZW, EZW-Text 210, Berlin 2010, S. 129–145.